Die Welt im Chaos versinken lassen

Ich gehe davon aus, dass jeder Mensch beide Weltsichten in sich trägt und auch beide in seinem Leben zur Anwendung bringt.

Die materielle Weltsicht ist lediglich die vorherrschende Weltsicht und sie kommt hauptsächlich zur Anwendung - mit allen Problemen und Einschränkungen, die das mit sich bringt.

Aber jeder Mensch kann in seinem Leben Beispiele finden, wo er Situationen mit der geistigen Weltsicht gemeistert hat.

Und so gab es auch in meinem Leben Beispiele für die erfolgreiche Anwendung geistiger Weltsicht, lange bevor mir die Hintergründe einer solchen Herangehensweise zugänglich wurden.

Bis vor einigen Jahren waren meine Tage sehr vollgepackt mit Aktivität. Es gab viel zu tun. Eine meiner wichtigsten Aufgaben schien darin zu bestehen, überhaupt alles zu schaffen, was geschafft werden musste. Um genau zu sein schaffte ich es aber meistens nicht. Und so häuften sich die Aufgabenberge immer weiter an. Keine Minute durfte vergeudet werden, denn ich war sowieso schon mächtig hintendran.

Da keimte irgendwann der Verdacht in mir "Irgendwas stimmt hier nicht" und eines schönen Tages machte ich aus einer inneren Eingebung heraus zum ersten Mal das, was ich später "die Welt im Chaos versinken lassen" nannte und was mein Leben vollkommen veränderte.

Es geht so:

Wenn es gerade mal wieder so richtig heiß herging, wenn die geringste Pause das totale Chaos auszulösen schien und ich glaubte mindestens 10 Bälle gleichzeitig in der Luft halten zu müssen, dann ... hörte ich ganz einfach damit auf.

Ich legte mich auf die Couch und entspannte mich. Ich entspannte mich auf eine Weise, die geistiges Loslassen mit muskulärer Entspannung verbindet. Meiner Erfahrung nach geht das gar nicht anders, weil geistiges Festhalten auch zu muskulärer Anspannung führt.

Es passierte dann folgendes: Das Gefühl, sofort weitermachen und mich noch mehr beeilen zu müssen, verstärkte sich ins absolute Extrem. Gleichzeitig wuchs der Handlungsdruck - das Bedürfnis sofort aufzustehen und loszulegen.

Deshalb nenne ich die Übung "die Welt im Chaos versinken lassen", weil sie mit dem Gefühl einhergeht "Wenn ich jetzt nicht sofort weitermache, versinkt die Welt garantiert im Chaos." Und genau das nahm ich aber in Kauf, indem ich nicht auf den Druck reagierte.

In dieser Situation liegenzubleiben und sich weiter zu entspannen, ist gar nicht so einfach. Wenn man es aber tut, geschieht das Erstaunliche: Irgendwann geht der Druck weg.

Ich bin dann meistens eingeschlafen und wenn ich wieder aufwachte, machte ich eine äußerst interessante Erfahrung:

Die Welt schien sich von alleine wieder sortiert zu haben. Das Problem der Aufgabenberge, welche sich - egal wie sehr ich mich auch bemühte, sie abzuarbeiten - immer höher auftürmten, war ein ganzes Stück kleiner geworden. Und das obwohl ich genau das Gegenteil dessen getan hatte, was man normalerweise als die Lösung des Problems ansehen würde.

nächstes Kapitel: Beispiel-Auswertung (Die Pforte zum Paradies)