Absichtsloses Handeln

Ein Handeln ist auf ein bestimmtes Ziel ausgerichtet. Es verfolgt eine Absicht. Und natürlich ist man sehr daran interessiert, dass dieses Ziel auch erreicht wird.

Trotzdem ist es paradoxerweise von sehr großem Vorteil für die Effektivität des Handelns, wenn man während des Handelns das Ziel in gewisser Weise loslassen kann:

Man akzeptiert den Verlauf und Ausgang des Handelns - egal wie er ist.

Das ist absichtsloses Handeln.

Es ist das Gegenteil davon, etwas erzwingen zu wollen.

Absichtsloses Handeln bedeutet, das Handeln - wenn es denn einmal in Gang ist - auch als Erfahrung zu akzeptieren, einschließlich seiner Ergebnisse.

Es betrifft die generelle Einstellung zum Handeln und das konkrete Verhalten während des Handelns.

Die Einstellung des absichtslosen Handelns bezieht sich darauf, nicht auf einen bestimmten Ausgang festgelegt zu sein. Das klingt paradox - ist es aber nicht. Man kann ein bestimmtes Ziel anpeilen und dennoch auch für den Fall offen sein, dass es mit diesem Handlungsversuch nicht erreicht wird oder nicht so, wie man beabsichtigte.

Das Verhalten während des absichtslosen Handelns ist davon geprägt, Wendungen, Verlauf und Ergebnis offen hinzunehmen, egal wie sie sind.

Das schließt nicht aus, korrigierend einzugreifen, aber das nur dann, wenn es als klare Möglichkeit erscheint. Es ist nämlich ein Unterschied, ob ein Handeln einer klaren Möglichkeit zur Lösung folgt oder einer Verneinung entspringt: "Ich muss etwas tun, weil es nicht geht".

Absichtsloses Handeln ist locker und offen.

Das Gegenteil des absichtslosen Handelns ist angespannt und verkrampft, weil es vor der Aufgabe steht, ein Ergebnis unbedingt herbeiführen zu müssen, das vielleicht gerade nicht so richtig eintreten möchte.

Nun ist das so leicht gesagt mit dem absichtslosen Handeln. Es scheint vielfach ganz einfach gar nicht möglich zu sein. Und was soll das überhaupt mit dem absichtslosen Handeln? Warum nicht einfach das Ergebnis erzwingen und gut ist?

Die Ursache des erzwingen wollens liegt in materieller Weltsicht. Materielle Weltsicht ist auf den Anschein angewiesen. Wenn ein Handeln negativ ist, bestätigt das per materieller Verwirklichung, dass es nicht geht und die materielle Verwirklichung ist in materieller Weltsicht maßgebend.

Geistige Weltsicht lässt sich vom Anschein eines negativen Ergebnisses nicht beirren und macht einfach absichtslos weiter. Ein Handeln, das nicht wie gewünscht verläuft, ist ja unter anderem auch eine Erfahrung, der man sich öffnen kann. Und das führt zur Erkenntnis.

Geistige Weltsicht weiß, dass sie früher oder später in diesem Prozess mit Sicherheit erfolgreich sein wird, während materielle Weltsicht aber mit jedem negativen Versuch ihre Chancen schwinden sieht, denn der materiell verwirklichte Anschein ist hier das Ausschlaggebende.

Gut, aber was soll das schon schaden, die Dinge ein bisschen zu erzwingen?

Wenn es nötig ist, eine Sache zu erzwingen, dann bedeutet das im Umkehrschluss, dass der Handlungsstrang nicht erfolgreich verläuft. Das ist eine Erfahrung. Indem man darauf reagiert, um es doch noch hinzubiegen, reagiert man gleichzeitig auf die Idee "Es geht nicht". Und was das bedeutet, das muss ich hoffentlich nicht noch einmal betonen. Oder doch? Es bedeutet, dass die Verwirklichung der Idee "Es geht nicht" vorangetrieben wird.

Um eines noch mal ganz klarzustellen:

Es geht hier nicht darum, Handlungsstränge immer irgendwie laufen zu lassen, ohne jemals korrigierend einzugreifen:

Die Frage ist, was der Auslöser für diese Korrektur ist. Ist der Auslöser

"Es geht nicht"

oder

"Ich sehe eine klare Möglichkeit, doch noch zum Ziel zu kommen.

Letzteres widerspricht absichtslosem Handeln in keiner Weise.

Ist der Antrieb und Auslöser der Korrektur verneinend oder bejahend? Das ist die entscheidende Frage.

Gut, aber wie soll man dann zum Ziel kommen, wenn absichtsloses Handeln immer negative Resultate akzeptiert?

In der Praxis wird man feststellen, dass die Einstellung absichtslosen Handelns zu einer sehr viel besseren Trefferquote führt, als man es vorher kannte. Wenn Fehlversuche auftreten, sind sie beispielsweise durch falsche Vorstellungen über den Ablauf bestimmter Schöpfungsprozesse verbunden. Indem man sich auch der Erfahrung negativer Resultate locker öffnet, werden sich diese falschen Vorstellungen schrittweise korrigieren.

nächstes Kapitel: Antrieb (Handeln)